enigma-line AUDICULA-HYBRID


© Reinhard Brunsch


"omnia praeclara tam difficilia quam rara sunt"... (Baruch de Spinoza)

Halbleiter KHVerstärkermodul
Der Audicula-Hybrid mit Netzteil


Zwei erfolgreiche Designer von Audio-Elektronik sollen hier erwähnt werden: Der in den 30iger Jahren in Ungarn geborene Elektronikingenieur Ernö Borbély war im letzten Jahrhundert ein überaus gefragter und einflussreicher Entwickler von leistungsfähigen Audio-Verstärkerschaltungen, u.a. bei der US-amerikanischen Firma Motorola ® und der berühmten Audioschmiede eines David Hafler ®, einem der Väter der Röhren-Schirmgittergegenkopplung, die auch als Ultra-Linearprinzip bekannt wurde .

Mit dem englischen Spezialisten für Audioelektronik John Laurence Linsley Hood verbinden zahlreiche HiFi-Enthusiasten in aller Welt seinen bekannten Aufsatz "Simple class A amplifier" (1969 in der renommierten Zeitschrift Wireless World erschienen und 1996 auf den aktuellen Stand gebracht...), in dem er einen relativ einfach konzipierten 4-Transistor Class-A-Verstärker mit herausragender Audioperformance vorgestellt hat, der den damals gesetzten akustischen Maßstäben des klassischen Röhrenverstärkers eines D.T.N Williamson Paroli bieten konnte. Für denjenigen, der etwas von Audioelektronik versteht, ist eindeutig nachvollziehbar, daß "simple" im Sinne von "einfach" - wenn es gut gemacht ist ! - gegenüber der komplexen Version fast immer Vorteile hat, weniger ist hier schlichtweg mehr...
Die völlig diskret aufgebaute und im Vergleich zur Lautsprecherversion leistungsmäßig abgespeckte, modifizierte Schaltungsvariante für einen Kopfhörerantrieb braucht bei angemessener, aktueller (!) Realisierung der Schaltung in keinster Weise den klanglichen Vergleich mit dem hochgerüsteten Overkill von aktuellen High-Performance-IC-Verstärkern mit 'sagenhaften' Klirrfaktoren von bis zu 0,00003% (0,3ppm) scheuen und es ist mehr als erstaunlich, zu welchen akustischen Höhenflügen dieses "reduce to the maximum" - Schaltungsdesign fähig ist, wenn es mit hochwertiger, symmetrischer Netzteilelektronik, modernen Halbleitertypen, exzellenten Passivbauteilen, Entfernen des Ausgangskondensators (die Originalschaltung arbeitet mit unipolarem Netzteil...) und einer notwendigen DC-Offsetkompensation mit JFET-Opamp aufgebaut wird. Linsley Hoods exzellent klingende Verstärkervariante für Lautsprecherbetrieb von 1996 verwendete die vom Beginn der 70iger Jahre stammenden moderneren Epitaxial-Planar-Versionen der TO3 Endtransistoren 2N3055 in der Endstufe, die über wesentlich bessere Audioeigenschaften verfügten als ihre älteren 2N3055 Hometaxial-Typen - die Transistorlegende 2N3055 ist bei vielen sog. "Audiophilen" damals vielfach in Ungnade gefallen, aber was heißt das schon... Dieser ziemlich berühmte Transistor gehörte zu den meistverwendeten Standard-NPN-Leistungstransistoren und wurde in dieser Funktion u.a. auch in zahllosen hochanspruchsvollen Studioverstärkern von Willi Studer, im Revox A78, im BRAUN regie510 und im legendären Aktiv-Studiomonitor OY von Klein und Hummel verbaut...
In naher Zukunft werde ich dem außergewöhnlichen Konstrukteur ebenfalls ein Kapitel widmen.

Aber zurück zu Borbély: Mit Ernö Borbélys Schaltungsentwürfen verbindet der Kenner die ungewöhnliche Neigung des Konstrukteurs, den damals in der Audioelektronik nahezu ausschließlich verwendeten bipolaren Transistortyp durch den Einsatz des unipolaren Feldeffekttransistors zu ersetzen, der fast leistungslos mit extrem geringem Gatestrom angesteuert wird und damit die Röhre sogar um den Faktor 100 übertrifft. FETs (nicht MOSFETs) sind bereits seit den 60iger Jahren auf dem Halbleitermarkt verfügbar gewesen.

Borbély ist noch mit der heute antiquierten Elektronenröhre aufgewachsen und war deswegen mit der völlig verschiedenen Schaltungstechnik von Röhren- und Halbleiterelektronik bestens vertraut. In den neunziger Jahren veröffentlichte er ein interessantes Hybrid-Verstärkerdesign für einen 'Low-Voltage Tube/MOSFET Line Amp', quasi eine Art Operationsverstärker mit diskreten Bauteilen unter Miteinbezug einer Röhre und symmetrischer Stromversorgung: die beiden Feldeffekttransistoren des Differenzverstärkers im ursprünglichen Schaltungsdesign wurden durch die zwei Trioden einer Niederspannungs-Doppeltriode ersetzt. Die Synergien der unterschiedlichen Eigenschaften der beiden aktiven Bauelemente Röhre/Transistor konnten sich hier von ihrer jeweils besten Seite zeigen und ihre Trümpfe deutlich ausspielen.
Aus diesem Projekt entstand später sein zweistufiger Hybrid-Kopfhörerverstärker EB-804/421 mit einer Spanngitter-Doppeltriode 6GM8, die vollständig in ein Class-A Endstufenkonzept (single-end / common-source) mit P-Channel-MOSFET integriert wurde - aufgrund der verwendeten niedrigen Anodenspannung, die gleichermaßen die Halbleitersektion versorgt, und der direkten Kopplung beider Verstärkerstufen war Borberlys Konzeption außerordentlich attraktiv.

Verstärkermodul Audicula Hybrid mit NOS-TESLA E88CC
Verstärkermodul Audicula-Hybrid mit NOS-TESLA E88CC

Borbélys Schaltungskonfiguration unterschied sich ganz wesentlich von anderen Hybridkonzepten wie z.B. Pete Millets 12AE6A-Hybridverstärker, die typischerweise mit einer Röhrentriode in Kathodenbasisschaltung und nachfolgendem Current-Booster IC arbeiten - das Schaltungskonzept Borbelys liegt u.a. in unterschiedlichen Varianten auch diversen späteren Entwicklungen von Cavalliaudio ® USA zugrunde, verbindet den Vorteil des 'Röhrensounds' mit dem ungemein kraftvollen Antriebspotential einer Halbleiter-Endstufe und bildet auch beim AUDICULA-Hybrid die Basis des modifizierten Schaltungsdesigns - der Verstärker ist konzeptionell ein Class-A Röhren-MosFet Hybrid.

Verstärkermodul Audicula Hybrid
Verstärkermodul Audicula-Hybrid mit russischen Niederspannungsröhren 6N27P von REFLEKTOR, Holzteile komplett in Rotbuche


Mit 30 diskreten Transistoren - davon gehören sämtliche signalführenden Vorstufentransistoren zu der rauscharmen Typvariante - sowie 14 ICs, 2 Doppeltrioden und zwei elektromechanischen Relais bewegt sich die Gesamtkonfiguration der Audicula-Hybrid-Elektronik schon sehr nahe an der Grenze des für einen 'unsymmetrisch' konzipierten Kopfhörerverstärker für mich gerade noch vertretbaren Aufwands.

Die ständig wiederholte Behauptung, das symmetrische Verstärkerprinzip bringe erhebliche klangliche Vorteile, ist oft zu lesen bzw. zu hören, als wirkungsstarke Marketingidee nicht schlecht, suggeriert der erhebliche elektronische Mehraufwand zusammen mit dem höheren Preis doch für viele HiFi-Fans ein deutliches 'Mehr' an 'klanglichem Potential' - man kennt derartige Behauptungen zur Genüge, z.B. auch vom Transkonduktanz-Verstärkerprinzip, das einige Hersteller in ihren Produkten verwenden (u.a. Bakoon ® oder Krell ®).
Aus purer Neugier wurde deshalb eine komplett 'symmetrische' Variante mit doppeltem Elektronikaufwand von vier Röhren, vier Einzelverstärkern, vierfach-LS-Poti und einem 4poligen Ausgang ebenfalls aufgebaut und mit dem unsymmetrischen Verstärkermodul sehr kritisch verglichen, in der fünfköpfigen 'Jury' saßen ausnahmslos qualifizierte Teilnehmer, die sich von Berufs wegen ständig mit höranalytischen Problemen zu beschäftigen haben, d.h. sie haben das nuancierte Hören und Bewerten musikalischer Äußerungen systematisch erlernt und über viele Jahre permanent trainiert.
Zwei unterschiedlich verkabelte T1-Kopfhörer - der Hörer ist mein unumstrittener Favorit - einmal dreipolig und einmal vierpolig verdrahtet, waren dabei die Schallwandler. Es ergaben sich (wie erwartet...) bei ALLEN Juroren (!) im AB-Vergleich und identischen Lautstärke-Pegeln nicht die geringsten wahrnehmbaren Anhaltspunkte für die häufig zu hörende bzw. zu lesende Behauptung einer signifikanten oder auch nuancierten klanglichen Verbesserung, die insbesondere im Bereich Kanaltrennung (und was damit zusammenhängt...) oder auch sonstwo liegen soll...es mag durchaus sein, daß sich für andere Kopfhörermodelle ein unterschiedliches Szenario ergibt .
Abgesehen davon, daß der audiotechnische (!) Fachbegriff "Symmetrie" von manchen "HiFi-Experten" völlig missverständlich als "Bauteilsymmetrie" interpretiert wird: die kostenintensive, störungstolerante erdsymmetrische Analogübertragung von Audiosignalen macht sehr viel Sinn im Bereich der professionellen Studio- und Übertragungstechnik, das symmetrische Verstärkerprinzip und der symmetrische Antrieb von Kopfhörertreibern in heimischen HiFi-Anlagen ist aus meiner Sicht lediglich eine unsinnige 'Schnapsidee' für den "audiophilen HiFi-Freak", primär entstanden aus Gründen des Marketings und einem Mangel an echten sinnvollen Neuansätzen in der Verstärkertechnologie.

Verstärkermodul Audicula Hybrid
Verstärkermodul Audicula-Hybrid mit NOS Telefunkenröhren E88CC - zusammen mit dem obigen Netzteil das Optimum, "mehr", egal in welcher Richtung auch immer, geht schlichtweg nicht ...

Derartige "HiFi-Legenden", die aufgrund des notwendig hohen Bauteilaufwands in erster Linie Kaufanreiz, Gerätepreis und den Umsatz in die Höhe treiben und im Zusammenhang mit der notwendigen symmetrischen Verkabelung zusätzlich den Absatz spezieller Steckverbinder (XLR) und Kabelkonfektionierungen fördern, gibt es bekanntlich zuhauf, siehe u.a. auch die oben erwähnten, zum 'Wunderverstärker' hochstilisierten Gerätschaften mit ihren Exclusivität, Bedeutsamkeit und Lifestyle-Aura suggerierenden Chiffren SATRI ®, CAST ®, oder auch ACSS ® und einer dementsprechenden, völlig irrationalen Preisforderung - wie nur allzu häufig in der Politik entspricht der Inhalt bzw. der Wahrheitsgehalt nach meinen langjährigen (!) Hörerfahrungen dem Prinzip 'heiße Luft', das Ammenmärchen von der klanglichen Überlegenheit des symmetrischen Verstärkerprinzips gehört schlichtweg dorthin, wo es hingehört, nämlich in die Abteilung "Vertriebsoptimierung", esoterischer Mummenschanz oder auch in die in der HiFi-Szene weit verbreitete Kategorie 'Die große Volksverarsche', wie es Hannes Jaenicke so trefflich im Titel seines inzwischen nicht mehr "neuen" Buches ausdrückt - eine optimal konzipierte Kopfhöreranlage hat derartigen elektroakustischen Unfug nicht nötig...

Kopfhörer AKG K701

Eine der wenigen echten Idealbesetzungen für das kenntnisreiche Hören von klassischer Musik (nicht zum berüchtigten "Testen" von HiFi-Hardware...) und die Höranalyse komplexer Partituren: Der berühmte Monitor-Kopfhörer AKG K701, Modell 2005, entwickelt und produziert in Wien...nach meinen bisherigen Erfahrungen mit mehreren aktuellen K701 "made in China" unterscheiden sich die beiden Kopfhörer klanglich durchaus in Nuancen, wobei für mich mein Wiener K701 bei kenntnisreich produzierten Aufnahmen (!) stets die Nase vorn hat - es betrifft vornehmlich den besser agierenden Bassbereich, die weniger aufdringlichen hohen Frequenzen sowie eine bessere Tiefenstaffelung des klanglichen Geschehens.
Der K701 ist auf ein Maximum an akustischer Authentizität reduziert und zugleich absolut nicht für die üblichen HighEnd-Angebereien geeignet, wird fast immer völlig unterschätzt, oft kopiert, jedoch nie erreicht - das Exemplar wurde von mir geringfügig modifiziert: Lederearpads, neues Leder-Kopfband, Neutrik Klinkenstecker, Originalkabel (!) im Diolen-Kabelschlauch, einige kleinere Manipulationen an der Treiberjustage sowie eine steckbare Kabelverbindung. Dabei wurde lediglich das vierpolige (!) AKG-Originalkabel mit einem Diolen-Gewebeschlauch versehen und die passenden Neutrik/Rean-Kupplungen an den Kabelenden angelötet - damit ist auch bereits alles an Kabelproblemen erledigt, solide Lötstellen + ordentliches Kabelmaterial + stabile Stecker/Buchsen sind das A und O einer optimalen elektrischen Verbindung von Geräten.
Die über viele Jahre unelastisch gewordenen Gummibänder zum verstellbaren Kopf-Lederband wurden entfernt - diese machen NUR Sinn bei unterschiedlichen Kopfgrößen verschiedener Anwender. Daß die Kunststoffteile, die einen signifikanten Anteil am angenehmen Leichtgewicht des K701 haben, mittlerweile leicht vergilbte Ansätze zeigen, hängt mit dem Zahn der Zeit und der Lichtstrahlung zusammen und ist zu akzeptieren, derartiges "Nachdunkeln" kennt man auch von hellen Hölzern, bei denen das Lignin mit der energiereichen UV-Strahlung der Sonne chemisch reagiert und die Lichtreflektion verändert.
Dafür wird das in die Jahre gekommene "made in Austria-Exemplar" mit zunehmendem Alter akustisch immer noch besser, das erinnert mich doch sehr an ähnliche Verhältnisse bei guten (!) Musikinstrumenten... - so manches von HiFi-Marketing-Influencern in absurde Höhenregionen hochgepushte aktuelle Kopfhörermodell aus der preislichen Premium-Liga muss da schlichtweg passen ...

Im Übrigen sei in dem Zusammenhang folgendes eingefügt: vor einigen Jahren erschien das mit 36 Ohm Impedanz mobilkompatible AKG Spitzenmodell Superior Reference Headphone K812, das erfreulicherweise - zumindest an einem Kabelende... - über eine ganz besonders feine, sehr teure und sehr hochwertige (ich spreche hier ausdrücklich nicht von akustischen Qualitäten !) 3-Pol (!) LEMO ® Serie B (FGG 00) Steckverbindung verfügt, wie sie in anspruchsvoller Medizintechnik oder Avionik verwendet wird, was eigentlich in der neuerdings von AKG anvisierten hohen Preisregion für jeden Premiumhersteller selbstverständlich sein sollte - leider passt der Rest des sehr dünnen Kabels einschließlich der Steckverbindung am anderen Ende überhaupt nicht dazu, immerhin bekommt der potentielle Käufer einen nonverbalen, überaus deutlichen Hinweis von einer der wenigen weltweit führenden Entwicklungsabteilungen für Kopfhörertechnologie, was man dort (und nicht nur dort...) von solchen Themen wie 'Kabelklang' und 'symmetrischer Kopfhörerantrieb' hält. Mit von der Partie in dieser Hinsicht ist auch der Mitbewerber Beyerdynamic ®, der eher den Musikliebhaber als den Technikfan anvisiert : der ganz aktuelle Kopfhörerverstärker A2 im extrem hohen Preissegment lässt ebenfalls ausschließlich einen unsymmetrischen Antriebsmodus zu...das dem Purismus verpflichtete reduce to the maximum bzw. the simpler the better war nicht nur im HiFi-Segment schon immer eine exzellente Idee.
Dem aufmerksamen Beobachter erschließt sich aber noch weitaus mehr: neuer Wein in alte Schläuche, so mein Fazit einer genaueren Betrachtung der Elektronikplatine des neuen A2. Unschwer lässt sich dabei ausmachen, daß es sich beim Schaltungsdesign des KHVs allem Anschein nach um einen elektronisch marginal modifizierten A1 mit den typischen und nicht allzu häufig verwendeten TO-126 Transistoren in der Ausgangsstufe handelt, bei dem u.a. lediglich die beiden integrierten (!) (nicht diskreten...) OP-Amps im Vergleich zum A1 aus Platzgründen (zusätzliche Elektronik für das Motorpoti...) um 90° im Platinenlayout gedreht wurden - natürlich das Ganze fein verpackt im extravaganten Look in Form eines neuen Alu-Gehäuses und garniert mit einem motorisierten, fernbedienbaren Lautstärke-Poti von ALPS ®...das war's dann schon. Man kann es auch verallgemeinernd auf folgenden Punkt bringen: außer einem neuen, edlen Gehäusedesign mit raffiniertem Logo-Blick auf die illuminierten Endtransistoren (Bias-LEDs...), einer schaltbaren Impedanz und Gainanpassung sowie schaltungstechnisch peripherem "Audio-SchnickSchnack" gibt es an einem puristischen, messtechnisch vorbildlichen, solide, geradlinig und 'firlefanzfrei' konzipierten KHV-Schaltungsdesign wie einem Beyerdynamic A1 aktuell schlichtweg nichts (!) mehr zu verbessern: im A1 arbeiten zwei integrierte Doppel-OPs für Vorverstärkung und DC-Offsetservo sowie zwei diskret aufgebaute Treiber- und Komplementärendstufen mit regulären BJTs, symmetrischem Netzteil mit integrierten Festspannungsreglern - Elektronik ist nichts anderes als geschickt angewandte Physik, auch mit schaltungstechnischem 'overkill' mit einem vollmundig verkündeten 'klanglichen Durchbruch' kommt kein Schaltungsentwickler dieser Welt an der natürlichen Grenze vorbei. Der vielfach erwähnte, legenden- und sagenumwobene 'Zauberverstärker' mit 'mysteriösem' Schaltungsdesign und dem ultimativen 'Sound' ist lediglich ein Produkt der lebhaften Phantasie zahlloser Werbestrategen und selbsternannter Hör-Gurus - die banale Realität der elektronischen Schaltungstechnik kann erwartungsgemäß mit deren Phantastereien keineswegs mithalten, nach heutigem Stand der analogen Verstärkerelektronik und aktuell hoher Bauteilqualität ist das technisch-elektronische Potential eines engagiert, kompetent und durchgängig höchst seriös (!) konstruierten KHVs längst bis in die hintersten Winkel völlig "ausgelutscht", in den Design-, Kalkulations- und Marketingabteilungen kennt man das Problem: was den reinen Verstärkungsvorgang (!) angeht, ist das Ende der technischen Fahnenstange erreicht.
Nach meinen (!) Hörerfahrungen betrifft das sämtliche Schaltungskonzepte, auch die "verzweifelten" Schaltungsvarianten abseits des Mainstreams wie die Kombination von Analog- und Schaltverstärkertechnik, Analog/Digital-Hybride oder die sogenannte 'Stromverstärkung', die sich nach regulärer, kompetenter (!!) Hörevaluation und nach Ablauf des Hype-Zyklus wieder in der ganz normalen Realität wiederfinden...
Aus diesem Grund wird zur Aufrechterhaltung des Kaufinteresses bei vielen Herstellern der Aufwand bei den netzbetriebenen Geräten immer weiter auf diversen 'Nebenschauplätzen' in schwindelerregende Höhen getrieben: wie im Automobilmarketing wird der einstige Straight-KHV, der dem Ideal eines 'verlustfrei' verstärkenden Drahtstücks nahekommt, mit diversen peripheren 'Mätzchen' und designerischem Mummenschanz-Humbug gnadenlos aufgerüstet, zu einer 'eierlegenden Wollmilchsau' umfunktioniert und gleichzeitig die Preisspirale in Richtung sauerstoffarme Regionen geöffnet.
Auf diesen elektronischen 'Nebenschauplätzen' ist dabei die Fantasie von Produktfotografen, Entwicklern, Designern, Technikern und Vertriebsspezialisten beim Einsatz von zusätzlichem Elektronik- und Designmumpitz im Verbund mit werbestrategisch imposanter technischer Verbalakrobatik gefordert: z.B. Fully balanced XLR, Overdesign, Crossfeed, Volume-Unit-Meter, Spectrum-Display, DAC - das Repertoire ist schier unerschöpflich - alles interessante Dinge, um den 'audiophilen' Technikfreak auf seine Seite zu ziehen, für den engagierten Musikliebhaber mit dem Schwerpunkt "Hören" ist dies sicher alles komplett entbehrlicher Quatsch, der nur vom eigentlichen Musikhören ablenkt.
Der häufig beschrittene einfache Ausweg aus dem Dilemma über eine völlig überzogene Preisforderung, quasi als 'ultima ratio' - siehe auch AKG K712/K812 - ist ebenfalls keine sonderlich intelligente Lösung, für den Preis eines K812 bekommt ein engagierter und kundiger Klassikhörer immerhin nahezu sämtliche verfügbaren Einspielungen der 9 Beethoven Sinfonien von Arturo Toscanini bis Paavo Järvi - eine Fundgrube für hochinteressante Interpretationsvergleiche...
Falls die Quellimpedanz des A2 derjenigen eines A1 entspricht (100 Ohm) wird klanglich mit gleichem Kopfhörermodell wohl auch kaum eine Veränderung hörbar sein...

Aber zurück zum K812 - ein Umbau des K812 auf einen eventuell gewünschten symmetrischen Antrieb ist aufgrund der hohen Flexibilität des LEMO-Stecksystems durchaus möglich, aber nicht ohne Risiko: die von AKG eingebauten Hürden sind für den normalen 'HiFi-Heimwerker' extrem hoch und nahezu unüberwindbar, u.a. müssten die verlöteten dreipoligen Steckeinsätze von Stecker (am Kabel 'male') und Buchse (am Kopfhörer 'female') jeweils auf den passenden LEMO Vierpoleinsatz umgerüstet und phasenrichtig mit den beiden Treibern verbunden werden - wegen der winzigen Dimensionen, der preisgünstigen FlexPCB-Verkabelung und dazu noch eklatantem Platzmangel geht da ohne Lötlupe, Lötpaste, passendem Mikrolötwerkzeug, feinmotorischem Können und entsprechender Löterfahrung kaum etwas, ich kenne selbst einige Praktiker, die an dieser Aufgabe kläglich scheiterten...
Ein K812 Exemplar wurde mittlerweile von mir auf einen 4-poligen Steckanschluss umgebaut - wie schon mehrfach erwähnt: der symmetrische Antrieb unterscheidet sich im akustischen Resultat in keinster Weise von einem Betrieb mit gemeinsamem Masseanschluss, es gibt auch keinen Grund, weshalb das anders sein sollte...

LEMO ist eine 1946 von on Mouttet in der Schweiz gegründete Spezialfirma für Präzisions-Steckverbinder der Sonderklasse - nach meinem Kenntnisstand ist dieses kleine elektromechanische Détail ein Alleinstellungsmerkmal von AKG in der KH-Oberklasse, neben der weitgehenden Verwendung von Aluminium anstelle von Plastik muss AKG als seriöser Hersteller den riesigen Preisabstand zu den bisherigen AKG-KH-Spitzenreitern der K7xx-Professional Serie ja auch zumindest ansatzweise (!) irgendwie rechtfertigen, reduziert auf das reine Material ist prinzipiell an einem Kopfhörer mit zwei Treibern + Gehäusen + Ear-Pads, entsprechender Verkabelung und einem 'Haltemechanismus' nicht viel dran, Aluminium gehört auch nicht gerade zu den kostbaren Metallen und bei den Ohrpolstern verzichtet AKG auf das eigentlich optimale natürliche Material Leder und begnügt sich mit Synthesematerial - in Sachen Verarbeitungsqualität und Materialauswahl gibt es sowohl in der Preisklasse unter 100€ (ein chinesischer Lasmex ® H-95 / Somic ® MH463 / iFrog ® Aura hat echte (!) Leder-earpads, Aluminiumgehäuse und ein sehr 'ordentliches' Verbindungskabel...) als auch knapp über der 200€-Grenze (z.B. ein Philips Fidelio ® X1...) sehr 'wertig' gearbeitete Kopfhörermodelle, die zwar akustisch sicher (vermute ich...) sehr weit unterhalb des AKG-Flaggschiffs agieren, die sich aber zumindest in rein 'materieller' Hinsicht ob ihrer Güte kaum verstecken müssen und den realistischen Kostenanteil des verwendeten Materials am technischen Gerät 'Kopfhörer' jedem Interessenten anschaulich demonstrieren...

Auf der elektroakustischen Seite wird es nicht ganz leicht sein, den bisherigen AKG Topmodellen für den kundigen (!) Klassikhörer im Besitz von an der akustischen Realität geeichten Ohren noch unzweifelhaft (!) eine dem hohen Preis angemessene und somit signifikante (!) Steigerung der akustischen Reproduktionsqualität hinzuzufügen, bei der die übliche Bandbreite von 'geschmacklichen' Nuancen nachvollziehbar und von der jeweiligen 'Tagesform' unabhängig überschritten wird - andernfalls gehört der AKG 812 höchstens in die nice-to-have-Kategorie, mehr nicht...

Man kann es auch mit dem Wort des Jahres 2013 formulieren: der 'GroKo' alias 'Große Kopfhörer' von AKG wird seinem Adjektiv - abgesehen vom geforderten Preisniveau - nur unter den oben skizzierten Kriterien gerecht werden, sämtliche bei AKG in Wien (!) gefertigten Kopfhörer der K7xx-Plattform mit dem überragenden DKK45-Schallwandler (dessen Entwicklung damals angeblich ebenfalls 5 Jahre dauerte...) reproduzieren mit entsprechend hochwertigem Quellmaterial ebenfalls bereits auf einem sehr hohen und großen Niveau Musik und nicht HiFi, genau dies ist das Eintrittsbillett für die KH-Oberklasse. Hinzu kommt noch ein ganz gravierender Vorteil: alle Vertreter der K7xxx-Serie sind nahezu 200 Gramm leichter als der neue K812 - beim konzentrierten Abhören von Anton Bruckners monumentaler c-moll-Sinfonie WAB 108 (Sinfonie Nr.8) mit ihrer Spieldauer von über 80 Minuten lernt man das sehr zu schätzen...

Neben dem Preis eines Produkts gibt es auch den Wert dieses Produkts, wobei beide Kategorien im Normalfall einigermaßen kongruent sein sollten, was in der HiEnd-Szene heute aber sehr häufig nicht mehr zutrifft, im Gegenteil, da klaffen oft gigantische Lücken, die vom jeweiligen Kaufinteressenten höchstpersönlich aufzufüllen sind. Die Kategorie 'Wert' wird dem Produkt dabei subjektiv höchst unterschiedlich zugemessen, individuelle Vorprägungen, hochwirksame Werbestrategien (erneut 5 Jahre Entwicklungszeit für den K812 - erinnert stark an den K701/702..., - da muss man doch etwas davon hören...), herstellergestützte online-Influenzer mit "passenden" Testresultaten, raffiniertes Design, Markenbindung, Prestige- und Lifestylefaktor, individuelle Hörfähigkeiten und Hörgewohnheiten spielen dabei die kaufentscheidenden Rollen. Gerade in der Kopfhörer-Premiumklasse gibt es mittlerweile aus meiner Sicht eine mehr als deutlich zunehmende Inkongruenz von Preis und Wert, der Preis als Wert- und damit auch Qualitätsindikator hat sich in diesem Marktsegment (und nicht nur in diesem...) schon seit einiger Zeit komplett verabschiedet.
Ob eine derartig üppige Preisforderung für einen Premium-Kopfhörer wie dem AKG K812 einen dementsprechenden Gegenwert abbildet, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Nach den angeblich 5 langen Jahren Ingenieursarbeit für das superteure Teil sollten bzw. müssen (!) sich in jedem Fall die von subjektiver Einschätzung unabhängigen entscheidenden Messwerte innerhalb eines dazu passenden Toleranzfeldes bewegen, es ist immerhin die eine, unbestreitbar objektive Seite eines Kopfhörer-Gütesiegels, die untrennbar zur Qualitätsbewertung eines ausgewiesenen Hochpreismodells für den professionellen Studioeinsatz gehört - das erwartet wohl jeder für das Aufnahmeresultat verantwortliche Hörprofi, der tagtäglich mit seinem Studiowerkzeug 'Kopfhörer" engagiert in der Sache seine Arbeit erledigt, siehe auch hier...

Für meine Hörgewohnheiten kommt ein AKG K812 ohnehin nicht in Frage und ich bin auch keineswegs der Auffassung, daß ich deswegen substanziell irgend etwas versäumen würde: der aus marktstragischen Erwägungen (sündhaft teure, angeblich hochkarätige Mobilplayer mit KHV liegen voll im Trend...) von AKG sehr niedrig angesetzte Impedanzwert der beiden Kopfhörertreiber ist durch die Fehlanpassung bei hohen Dynamikspitzen nicht kompatibel mit dem Betrieb am transformatorlosen Ausgang eines hochkarätigen OTL-Vollröhrenverstärkers wie z.B. einem Audicula-II, der wie viele andere Vollröhrengeräte ohne den Übertrager-Flaschenhals arbeitet - das ist für mich der gravierendste Nachteil des neuen AKG-Spitzenreiters, für die primär anvisierte Zielgruppe des neuen Kopfhörermodells spielt diese Tatsache selbstverständlich keine Rolle...
In nicht allzu ferner Zukunft, wenn der bereits kräftig von allen Seiten angefachte K812-Hype und der dazugehörige "Pulverdampf" allmählich abgeflaut ist, werde ich mich bei Gelegenheit gänzlich unvoreingenommen mit einem Exemplar ernsthaft beschäftigen - AKG ist zwar ein außergewöhnlicher Kopfhörerspezialist mit hohem Erfahrungspotential und gleichermaßen hohem Forschungsaufwand, kocht aber wie die vergleichbare Konkurrenz sowohl heute als auch in Zukunft ebenfalls nur mit ganz normalem Wasser, den 'genialen Superkopfhörer' oder auch "Kopflautsprecher" wird es somit aus Wien genauso wenig geben wie von Sennheiser ® aus Wedemark oder von welcher Kopfhörer-Bastel-Bude weltweit auch immer, da bin ich mir ganz sicher, sowohl an der schönen blauen Donau als auch im nördlichen Niedersachsen noch irgendwo sonst auf der Welt lässt sich die Physik austricksen noch deren Grenzen verschieben, da hilft weder das vollmundigste Marketinggeschrei oder auf die Spitze getriebene Materialauswahl und Designerraffinement weiter - das eigentliche Herstellerziel, die erfolgreiche Akquisition, funktioniert damit sehr gut !

Die Steckverbinder des Konkurrenten Neutrik® Mini XLR (Rean Tiny) am Kabel eines K702 / 712 sind ebenfalls schon sehr ordentlich durchdachte, preisgünstige Präzisions-Mechanikteile, die kritischen Stellen wie Lötpfannen und Zugentlastung sind völlig okay - die Serie B von LEMO ® ist jedoch in jeder Hinsicht unbestreitbar mindestens drei Qualitätsstufen darüber anzusiedeln.
Leider werden die LEMO-Präzisions-Steckverbinder mittlerweile von Sreada ® / China auch schon 1:1 kopiert, die aktuellen K701 und K702 Exemplare (nicht der K712...) kommen inzwischen anscheinend ebenfalls aus chinesischer Fertigung, ihnen fehlt der 'Made in Austria' Schriftzug - AKG/Harman ist eben keine gemeinnützige Körperschaft sondern ein erwerbswirtschaftliches Unternehmen mit dem damit verbundenen Zwang zur Gewinnerzielung. Eventuell ist die österreichische Fertigungskapazität mit dem Kopfhörerboom und den exzellenten Volumenmodellen der 7xx-Plattform für die große Nachfrage des Markts nach hochwertigen Kopfhörern schlichtweg unterdimensioniert...mittlerweile interessiert sich ohnehin der südkoreanische Weltkonzern Samsung ® für eine Übernahme des Harmankonzerns...

Ich kenne die unvergleichlichen Präzisionsprodukte des Schweizer Spezialherstellers sehr gut und bewundere sie sehr - optimale Materialgüte ist die eine Seite einer selbstverständlichen Forderung an einen Kopfhörer weit jenseits der 1000 € Grenze, es bleibt sehr zu hoffen, daß sich die akustische Qualität des neuen AKG-Topmodells in einer ähnlichen Region bewegt wie der geforderte Preis und der verwendete LEMO-Steckverbinder, die Luft in der Oberklasse neutral abgestimmter Kopfhörermonitore ist mittlerweile schon mehr als dünn geworden...

Studiogepflogenheiten hin oder her, der Stereo-Klinkenstecker ist wie man sieht keineswegs 'zweite Wahl', ein symmetrischer Antrieb ist mit der serienmäßigen 3-Pol-Konfiguration nicht möglich (siehe auch Cavalli Liquid Fire ® oder den neuen superteuren chinesischen EF1000 mit seiner sich auf 14.000€ belaufenden Preisforderung...) - die Entwickler von AKG befinden sich damit auf der von mir bereits erwähnten Linie und teilen anscheinend meine diesbezüglichen Ansichten, auch der für den professionellen Einsatz bestimmte K702 besitzt (im Gegensatz zum K701...) ein dreipoliges Anschlusskabel. In der mittlerweile heißumkämpften preislichen (wohlgemerkt nicht qualitativen !) Premiumklasse des Kopfhörermarkts könnte es sich AKG keineswegs leisten, irgendein klangliches Verbesserungspotential so einfach zu verschenken, immerhin war und ist der Hersteller (trotz Harman bzw. Samsung...) zweifelsfrei immer noch eine der ersten seriösen Adressen in Sachen "Kopfhörer"...

"...der beste Kopfhörer aller Zeiten..." ,

das ganze auch noch mit dem versteckten Absolutheitsanspruch verkleidete Advertising-Szenario ist doch nichts anderes als ein schlechter Witz...

grandioses 'Entertainment', man kommt ja nun wirklich aus dem Lachen nicht mehr richtig raus...

LEMO stellt wie bereits erwähnt selbstverständlich auch den 4-Pol Steckverbinder her, wie es aussieht wird dieser - zusammen mit einer getrennten Masseführung beider Treibersysteme - nicht von AKG eingesetzt, man weiß dort auch sicher weshalb...

Verstärkermodul Audicula Hybrid mit AKG K701
Verstärkermodul Audicula-Hybrid mit AKG K701 - das Original-Zuleitungskabel des AKG-Kopfhörers ist für Hörexperimente auf ein hochwertiges Neutrik 4-Pol Kabelstecksystem (Neutrik-Rean MiniXLR) umgerüstet.


Zur Schaltungskonzeption: der anfänglichen Versuchung zu einer Gegentakt-Röhrenendstufe mit transistorierter Phasenumkehr den Vorzug zu geben habe ich aus triftigen Gründen nicht nachgegeben, das sollen andere machen (und die machen das auch...) - die Gegentaktkonfiguration wurde primär zur Leistungssteigerung von Ausgangsstufen entwickelt, in einem Kopfhörerverstärker mit seinen auch bei isodynamischen Planar-Schallwandlern vergleichsweise gemäßigten bis geringen Leistungsanforderungen ist sie schlichtweg unangemessen, ein Kopfhörer ist nunmal kein Lautsprecher.
Hinzu kommen einige prinzipielle Nachteile des Gegentaktprinzips und beim Röhrenverstärker der Zwang zum Übertragerausgang mit allen damit verbundenen physikalischen Problemen - hier hilft auch kein "kostbarer" Lundahl + Konsortentyp, die Nachteile des Transformatorausgangs für den Kopfhörerbetrieb lassen sich nunmal nicht wegdiskutieren bzw. totschweigen.
Hingegen hat sich beim Audicula-Hybrid eine lupenreine Class-A Verstärkung ohne Gegenkopplung durchgesetzt, realisiert mit einem Hybrid Schaltungsdesign mit Spanngitter-Triode in der Vorstufe, ICs für die Offsetkompensation und kraftvolle, unbestechliche Endstufen mit nichtplanaren Leistungs-MOS-FETs (VMOS FET mit V-förmigen Gatebereich und vertikalem Stromfluss), die sich durch optimale Nutzung der eingesetzten Chipfläche, extrem kurzen Schaltzeiten und maximale Leistungsausbeute auszeichnen - ein optimiertes KHV-Schaltungsdesign, das auch so manche italienische KHV im fünfstelligen Euro-Preisbereich favorisieren, im Unterschied zu den NOS-Spanngitter-Röhren des Audicula-Hybrid aber mit vergleichsweise eher "simplen" medium-gain Doppeltrioden ECC82/12AU7 bestückt werden...
Mit Ausnahme der DC-Offsetkompensation ist die gesamte Verstärkerelektronik komplett diskret aufgebaut, Spannungsverstärkung in der primär klangbestimmenden Röhrensektion mit Spanngitter-Doppeltriode als Differenzverstärker. Möglich sind hier die folgenden NOS-Novalröhren mit No53-Sockel, die mittlerweile schon ein nicht unerhebliches Preisniveau erreicht haben: die europäischen ECC86/ECC88, die US-amerikanischen 6GM8/6922, die russischen 6N23P/6N27P und die chinesische 6N11 von Shuguang, 6N11 sowie ECC88 und 6922 werden aktuell noch gefertigt, gerade die Shuguang-6N11 ist qualitativ eine überaus wohlklingende Überraschung - sie ist sogar die einzige der hier erwähnten Röhren mit vergoldeten Gitterstegen in den beiden Trioden.
Alle genannten Röhren gehören in die Kategorie Spanngitterröhren. Die Entwicklung der herstellungstechnisch höchst anspruchsvollen Spanngitterröhre war ein technologischer Höhepunkt in der Geschichte der Elektronenröhre - sie fand während des Zweiten Weltkriegs im Zusammenhang mit den speziellen Erfordernissen der damals neuen Radartechnik statt, die mit relativ hohen Frequenzen im HF- und VHF-Bereich unterhalb von 300 MHz arbeitete.

Eine strompotente Halbleitersektion mit komplementär-symmetrischen Treiber- und Endstufen liefert die nötigen Ströme und ist somit zuständig für die Impedanzwandlung, durchgängige Gleichspannungskopplung d.h. kein Kondensator im Signalweg, für die dafür notwendige aktive DC-Offsetkorrektur sorgt eine von einem OpAmp angesteuerte Servoelektronik, eine sorgfältig konzipierte externe ± 30 Volt = 60 Volt Split-PSU versorgt Röhrensektion und Transistorsektion mit blitzsauberer Gleichspannung - die relativ hohe Versorgungsspannung mindert Ruheströme + Wärmeentwicklung in den Class-A Endstufen-MOSFETs und erlaubt auch den Einsatz von Röhren aus der ECC88-Familie, die auch mit verhältnismäßig niedrigen Anodenspannungen sehr gut arbeiten, durch den positiven Temperaturkoeffizienten der Drain/Source-Strecke der MOSFETs ist das thermische 'Runaway'-Risiko äußerst gering.

Die Aktivierung der elektronisch gesteuerten Hochlaufphase der Verstärkerelektronik erfolgt mit einem soliden Edelstahltaster am Netzteilmodul. Das stromergiebige externe Netzteil für die symmetrische Stromversorgung des Verstärkermoduls verwendet 3 Netztransformatoren: einen extrem streuarmen, feinen R-Core ® Netztransformator für die Versorgung der subtilen Verstärkerelektronik, einen Ringkerntrafo für die Heizungselektronik der beiden Röhren und einen Modultrafo für die elektronische Einschaltsteuerung. Der besondere R-Core-Trafo ähnelt einem Schnittbandkerntrafo und wird aktuell nur von ganz wenigen kommerziellen HiFi-Herstellern eingesetzt - u.a. in einem australischen Burson HA-160-D - ist aber eine besondere Entwicklung der japanischen Firma Kitamura Kiden Co.LTD aus dem Jahr 1978 und für kleinere Leistungsanforderungen wie bei einem KHV ideal: klein und relativ leicht, geringstes Streufeld, kaum Wärmeentwicklung durch geringste Kernverluste, kaum wahrnehmbarer mechanischer Netzbrumm, Ausfilterung von Netzstörungen durch geringe Bandbreite. Der R-Core-Transformator übertrifft somit die ebenfalls schon sehr günstigen Eigenschaften jedes Ringkerntrafos, den man üblicherweise im KHV-Hochpreissegment antrifft, der Trafo ist vergleichsweise teuer und hierzlande nur per Import zu bekommen - wegen seiner technischen Vorteile wurde er auch von E. Borbély bevorzugt eingesetzt.

Nach dem bewährten Vorbild seiner enigma-line Kollegen ist in einem weiteren Entwicklungsschritt in naher Zukunft ein Audicula-Hybrid-Duo mit Doppel-Mononetzteil und einer DC-Schutzschaltung am Ausgang des Verstärkermoduls geplant, zwei R-Core-Trafos speisen dann die kanalgetrennte symmetrische Elektronik für die zwei Verstärkerkanäle, ein Toroid-Trafo ist für die Gleichspannungsheizung der Doppeltrioden vorgesehen. Die hohe Stromlieferfähigkeit einer derartig aufwändig konzipierten PSU eröffnet dem Audicula-Hybrid (mit geringfügigen Modifikationen ...) zudem die Option eines Antriebs regulärer Lautsprecherboxen, d.h. der spezifisch für den Kopfhörerbetrieb konzipierte Audicula-Hybrid ist damit auch ein Vollverstärker, was ziemlich ungewöhnlich ist, normalerweise verhält es sich genau umgekehrt...

PSU Audicula Hybrid Duo
AUDICULA-HYBRID DUO Netzteilmodul in der Entwicklung, Ausgang mit Neutrik ® 6pol XLR

Die fundamentale Bedeutung einer ebenso "hochkarätig besetzten" wie sorgfältig konzipierten Stromversorgung für jede signalverstärkende Audioelektronik ist für das erzielbare akustische Resultat nicht hoch genug anzusetzen - man kann es natürlich auch übertreiben und es wird vielfach auch aus den bereits mehrfach erwähnten Gründen übertrieben (Stichwort u.a. Akkubetrieb oder auch diskret aufgebaute Linear-Spannungsregler...) - nach meinen Erfahrungen ist das 'ordentliche' Netzteil wesentlich bedeutsamer als jede noch so aufwändige und sündhaft teure Verkabelung von HiFi-Komponenten oder die Auswahl ganz besonderer Röhren, deren Einfluss auf die letztlich erzielbare klangliche Qualität einer Verstärkerkonfiguration von vielen HiFi-Fans maßlos überschätzt wird - entscheidend ist nach meinen Erfahrungen immer das Über-Alles-Design der Konzeption.
Im Prinzip ist jeder Verstärker nichts anderes als ein elektronischer Modulator, bei dem das zu verstärkende Eingangssignal die Stromversorgung der Verstärkerelektronik aus dem Netzteil überlagert. Das Resultat des Modulationsvorgangs erscheint am Verstärkerausgang, selbstverständlich sind darin sämtliche technisch bedingten Schwächen der PSU wie z.B. Störspannungsreste oder Stromlieferdefizite enthalten - aber genauso selbstverständlich auch die technisch bedingten Stärken: das Gesamtkonzept einer Power-Supply-Unit bestimmt ganz entscheidend die Qualität des Signals am Verstärkerausgang.

Die Stabilisierungselektronik mit einer überdimensionierten Siebung für die symmetrische Spannung stellt eine ergiebige Stromversorgung sicher. Separater Transformator für die Röhrenheizung, Heizspannung mit Schottky-Dioden gleichgerichtet und elektronisch stabilisiert, 4-Pol XLR-Steckverbindung mit dem Verstärkermodul, statt teurem VOODOO-Firlefanz hochwertige Materialien und Bauteile: trotzdem die chinesischen Neutrik-XLR-Kopien mittlerweile ein respektables Niveau bei äußerst günstigen Preisen erreicht haben sind alle Steckverbinder vom Spezialisten Neutrik ®, die Fassungen für die beiden Röhren sind aus Feinkeramik mit vergoldeten Federkontakten. Die Lautstärkeregelung übernimmt ein erstklassiges, völlig spielfreies Alps ® Leitplastikpotentiometer RK27, dessen Widerstandsbahnen nicht aus Kohleschicht, sondern wie beim (völlig überteuerten) TKD ® CP-2500 aus metallisiertem Leitplastik bestehen.
Stilistisch orientiert sich das Design des Verstärkers selbstverständlich am formalen Grundkonzept der enigma-line Baureihe und setzt sich damit wohltuend und höchst individuell von dem 'Einheitslook' industriell gefertigter Gerätschaften ab...

PSU Audicula Hybrid Duo
AUDICULA-HYBRID DUO Netzeilmodul in der Entwicklung, Netzeingang mit Neutrik Powercon ®

In der Röhrensektion des Verstärkermoduls haben sich die von Philips entwickelte ECC86, ihre US-amerikanische Variante 6GM8 und die russische 6N27P ganz besonders bewährt - die elektrische Datensituation der 6N27P aus der russischen Röhrenschmiede Reflektor ® ist mit der westlichen ECC86/6GM8 nahezu identisch, ihr Elektrodensystem fällt aber geringfügig größer aus. Die tolle Röhre aus der Wolgastadt Saratow überzeugt mit einem enormen dynamischen Antritt und einer wohlig-samtigen Fülle im Bereich der Mittel- und Hochtonlage.
In den Jahren des allmählich aufkommenden FM-Rundfunks auf dem UKW-Band der späten fünfziger Jahre erschienen eine ganze Reihe von Niederspannungsröhren für spezielle Hochfrequenzaufgaben in den Radioempfängern für das Auto (z.B. 12AE6, 12FM6, 12FK6, 6GM8), die mit der niedrigen Bordspannung von 6 oder 12Volt als Anodenspannung auskommen mussten. Die ECC86 - eine VHF-Doppeltriode - wurde von den Philips-Ingenieuren für den Einsatz in den kritischen UKW-Hochfrequenzstufen von ansonsten bereits komplett transistorbestückten Autoradios konstruiert, sie gehört in die Endphase der damaligen Röhrentechnik und war ein absolutes HiTech-Produkt. Die damals erhältlichen Germanium-Transistortypen waren aufgrund ihrer viel zu geringen Transitfrequenzen einem Einsatz im Bereich der VHF II-Frequenzen (87,5-104 MHz) noch nicht gewachsen, Hybridlösungen sind also nichts Neues, sondern waren bis zur Serienreife HF-tauglicher Transistoren für einen begrenzten Zeitraum regulärer technischer Standard, in der Fernseh-Empfangselektronik für die hohen TV-Übertragungsfrequenzen sogar noch bis in die späten sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts.

Die besondere Konzeption des Verstärkers erfordert für eine angemessene Funktion eine hohe Kongruenz der elektrischen Parameter beider Trioden der Eingangs-Doppeltriode. Nach meinen Erfahrungen sind die Fertigungstoleranzen bei den Niederspannungsröhren ECC86/6GM8 und auch der russischen 6N27P wesentlich günstiger als bei den für höhere Anodenspannungen konzipierten ECC88/6DJ8/6922/E88CC oder der russischen 6N23P, die ebenfalls eingesetzt werden können - die elektrischen Daten der beiden Trioden mancher Exemplare dieser Röhren fallen sehr häufig so unterschiedlich aus, daß ihr Einsatz in der Schaltung nicht in Frage kommt. Die Röhren müssen aus diesem Grund sorgfältigst selektiert werden, die Verstärkerelektronik ist jeweils auf die verwendeten Röhrentypen anzupassen.

Audicula Hybrid Buche
AUDICULA-HYBRID mit Amperex (Philips) 6GM8, Holzteile Rotbuche...

Durch das bei Röhren übliche besondere 'Kaltstartverhalten' beim Einschaltvorgang und dem durch die DC-Kopplung hohen Gleichspannungsoffset in der Startphase ist zur angemessenen Koordinierung von Röhren- und Halbleiterelektronik eine automatisch arbeitende, dreistufig-sequentielle Einschalt-Verzögerungselektronik mit LED-Kontrolle und elektromechanischem Relais integriert - erst bei einer definierten elektrischen Situation wird der Verstärkerausgang freigegeben.

Zum musikalisch-akustischen Potential des Verstärkers im von mir bevorzugten Klassik-Genre: es befindet sich um es kurz zu machen wie erwartet auf allerhöchstem Niveau, der Audicula-Hybrid hat in dieser Kategorie im Vergleich mit jedem (!) Exemplar der mir bekannten (die Palette reicht immerhin von Herstellern aus Australien+Asien über Europa bis hin zum nordamerikanischen Kanada...) KHV-Konkurrenz der Oberklasse (selbstverständlich auch mit österreichischen oder italienischen Geräten der Hersteller PATHOS ® oder auch RIVIERA ® , deren aktuelle Kreationen sich preislich zum Teil in gnadenlos absurden Regionen bewegen...) eine beeindruckende und in jeder Hinsicht überzeugende Performance über den gesamten (!) hörbaren Frequenzbereich zu bieten. Insbesondere ist die sowohl detailreich als auch kraftstrotzende, unaufgeregt-saubere und 'lässige' Souveränität bei kritschen hohen und höchsten Lautstärkepegeln sowie üppig-dicht instrumentierten Tuttipassagen von großformatiger Chor-, Orchester- und Orgelmusik 'ohrenfällig', bei entsprechender Interpretation (!) und Qualität der Aufnahme geht eine glasklare Übersicht jeder noch so komplex verschachtelten Partitur niemals verloren. Die atemberaubende dynamische Bandbreite reicht von einem schwärzesten Schwarz der absoluten Stille - auch bei maximal aufgedrehtem LS-Regler und ohne zusätzliche "ripple-eater"... - über nahezu unhörbar hingehauchte musikalische Micronuancen bis hin zu den erregenden Extremen einer explosiv donnernden akustischen Durchschlagskraft am anderen Ende der Skala - selbstverständlich gelten die geschilderten Höreindrücke allesamt nur unter der Voraussetzung entsprechend hochkarätiger Quellmaterialien und Schallwandlern mit dazu passendem Leistungspotential.

Besonderes Hörvergnügen bereitet die Wiedergabe einer spektakulären TELARC-CD aus den Anfangsjahren der digitalen Aufnahmetechnik, als man sich - im Gegensatz zu einem Großteil heutiger Produktionen - noch außerordentliche Mühe gab, den im Vergleich zu analogen Speicherverfahren tontechnisch kaum zu bändigenden, enormen Zuwachs an musikalisch-akustischem Dynamikpotential des neuen digitalen Speichermediums maximal auszuschöpfen. Die CD stellt die beiden bedeutenden amerikanischen Aeolian-Skinner Orgeln der Boston Symphony-Hall und der St.Philip Cathedral in Atlanta mit französischer Orgelmusik vor - eine ungemein farbenreiche, beindruckende musikalische Reise in eine klangtechnisch und dynamisch brilliant eingefangene akustische Symbiose von zwei üppig disponierten Instrumenten mit ihren unterschiedlichen Klangräumen. In jeder Hinsicht eine gnadenlose Herausforderung für die Wiedergabeanlage ist dabei die Aufnahme der 1938 uraufgeführten Komposition für die in der Musikgeschichte singuläre und höchst aparte Besetzung Orgel, Streichorchester und Pauken von Francis Poulenc - bei der Konzeption stand dem in organistischen Dingen unerfahrenen Komponisten der Freund und bekannte Orgelvirtuose Maurice Duruflé, der auch den Solopart bei der Uraufführung bestritt, beratend zur Seite: Concerto pour orgue, cordes et timbales en sol mineur. Mit souveräner klanglicher Opulenz und subtiler Koloristik entfaltet sich vor den Ohren des staunenden Hörers ein schillerndes Kaleidoskop einer einzigartigen, typisch französisch-delikaten Mélange völlig gegensätzlicher Instrumentalfarben, die sich im aufregistrierten molto agitato Teil des Werks in einer der mächtigen Orgel angemessenen Raumgröße zur ekstatisch gesteigerten 'tour de force' entladen - eine unbarmherzige Bewährungsprobe für differenzierende Hochpegelfähigkeiten einer Kopfhörerkonstruktion.

Äußerst wirkungsmächtig, jedem noch so winzigen Partiturdétail nachspürend und somit für den Liebhaber und Kenner unbegleiteter Chormusik sehr zu empfehlen ist weiterhin die 'Messe pour double choer a cappella' von Frank Martin mit dem unvergleichlichen RIAS Kammerchor unter dem holländischen Chordirigenten Daniel Reuss - die spirituelle Aura der betörenden Interpretation zusammen mit einer überragenden chorischen Leistung des selten zu hörenden doppelchörigen a-cappella Chorwerks stellt mit ihrer musikalischen Komplexität extremste Ansprüche an die akustischen Qualitäten der verwendeten Wiedergabeanlage, setzt aber auch ein hohes Rezeptionspotential mit entsprechender Konvergenz von Hörerfahrung und Informationsgehalt der Musik beim Hörer voraus...

Die akustischen Besonderheiten von Membranophonen und Idiophonen machen ganz besonders die Grenzbereiche einer elektroakustischen Wiedergabe evident und für den kundigen Hörer ohrenfällig: die perkussiven Hüllkurven zusammen mit außerordentlich komplexen Klang- bzw. Geräuschspektren eines kleinen solistisch besetzten und hochdifferenzierten Perkussionsensembles stellt jede Reproduktionsanlage vor nahezu unlösbare Aufgaben, der Unterschied von Original und Tonkonserve ist auch mit extremstem Aufwand quasi unüberbrückbar. Ein höchst interessantes Studienobjekt in diesem Zusammenhang ist die CD IMPULSE mit dem Percussion Art Quartett Würzburg, die sehr spezielle zeitgenössische Originalkompositionen (keine Bearbeitungen...) für jeweils unterschiedliche Besetzungen enthält - das sowohl klanglich als auch dynamisch extrem opulente Potential der zum Einsatz kommenden Instrumentenkategorie wird in der Klangregie von den vertretenen Komponisten äußerst kenntnisreich ausgereizt und musikalisch eindrucksvoll realisiert.
Alle vier Percussionisten der Aufnahme kommen aus der unter Insidern bekannten Talentschmiede des 2006 verstorbenen Siegfried Fink von der Würzburger Musikhochschule, ein spektakuläres und hochvirtuoses klangliches Szenario über die enormen Möglichkeiten percussiver Klangmagie, die jeden Schallwandler - unabhängig von seiner Qualitäts oder Preisregion - an seine völlig natürlichen und unverrückbaren Grenzen führt.

Ein 'Geheimtipp' am Rande: Der Österreicher Gunar Letzbor ist ein ausgewiesener Spezialist für die Barockvioline und studierte u.a. bei Nikolaus Harnoncourt und Reinhard Goebel, beides anerkannte Spezialisten für Alte Musik. Vor einigen Jahren gründete Letzbor die Ars Antiqua Austria, ein hochkarätiges Ensemble, das sich vorwiegend mit dem Nischenrepertoire der österreichischen Musik des späten Barock beschäftigt, wer kennt schon einen Schmelzer, Vejvanovsky, Weichlein, Aufschnaiter, Bononcini oder Viviani...sowohl die Soloeinspielungen Letzbors - teilweise mit skordierter Violine - als auch die Aufnahmen mit seinem hervorragenden Ensemble sind mit ihren spieltechnischen und emotionalen Grenzbereichen eine hochaufregende Bereicherung und zeigen den enormen künstlerisch-musikalischen Rang der Musiker.

Ein weiteres Highlight des CD-Repertoires in jeder Hinsicht - CD-Booklet und Coverphoto liegen auf einem ähnlich hohen Niveau wie der musikalische Inhalt - und ein höchst anspruchsvoller Prüfstein für subtilste Kultiviertheit einer elektroakustischen Reproduktion ist die folgende Teldec-CD: Franz Schuberts "Winterreise", 1827/28 komponiert nach Texten seines Zeitgenossen Wilhelm Müller, ist das musikalische Psychogramm einer Todessehnsucht, die wunderbare Schlichtheit der 24 Lieder des Zyklus beschreibt eindringlich die Atmosphäre eines quälenden Seelenschmerzes, technisch und musikalisch eine riesige Herausforderung für jeden Sänger und jeden Pianisten.
Mit selten anzutreffendem Gespür für Grenzbereiche allerfeinster musikalischer Zwischentöne agieren der Tenor Christoph Prégardien und sein Klavierpartner Andreas Staier in ihrer Interpretation der erschütternden Ausweglosigkeit von Schuberts Liederzyklus, eine klanglich herausragende Produktion des dafür bekannten WDR. Der Spezialist für historische Klavierinstrumente Andreas Staier spielt dabei konsequenterweise den faszinierenden, dürren Klaviersatz Schuberts auf einem perfekt restaurierten Wiener Fortepiano aus der Werkstatt des Klavierbauers Johann Fritz von 1825. Der originale Hammerflügel mit der in Wien üblichen "leichten" Prellmechanik besitzt einen ungewöhnlichen spektralen Reichtum in allen Registern, seine von Staier souverän eingesetzte betörende klangliche Intimität - insbesondere in den 'una corda' Passagen - zusammen mit der geradezu 'überirdischen' Ausdrucksspanne des Sängers gehen jedem Liebhaber des Liedgenres nicht nur tiefgründig unter die Haut sondern auch sehr 'schmerzlich' mitten ins 'Herz'. Der Kopfhörer mitsamt seiner vorgeschalteten Elektronik spielt (wie immer...) die beiläufig-neutrale und passive Rolle eines vermittelnden, reproduzierenden 'Mediums', in keinem Fall (!) diejenige einer anrührenden musikalisch-klanglichen Verführungskunst, wie oft behauptet - diese befindet sich gespeichert in der Datenspur auf der CD und kommt nahezu ausschließlich aus der Feder des Komponisten und der tiefgründig-kompromisslosen Interpretation seiner Musik durch Prégardien/Staier. Sie nehmen uns unbemerkt mit in den gleichsam elektrisierenden wie erbarmungslosen Sog eines letzten, unerhört intensiven und unerbittlichen Wegs durch eine als Metapher fungierende kalte und freudlose Winterwelt, ein Weg, "den noch keiner ging zurück" - die Reise des unheilbar kranken und völlig verzweifelten Franz Schubert zu sich selbst in seinem letzten, dem erst 32. Lebensjahr, das er nicht mal zu Ende brachte...

Die Testkopfhörer bei den Hörsitzungen waren Beyerdynamic T1 und DT880, Sennheiser HD800 + HD700, AKG K701/702 sowie der Grado PS1000, dessen charakteristischer klanglicher Fingerabdruck mich am wenigsten überzeugen kann. Der ganz aktuelle AKG K712 Pro war auch dabei - inzwischen der fünfte (!) Vertreter aus der K7xx-Serie mit den K701-Treibern und wenig Neuem aus Österreich, wiederum ein preislich, optisch, haptisch und akustisch modifizierter K702 - und hat mittlerweile ebenfalls seine ersten Hörsitzungen hinter sich gebracht: geringfügig veränderte Treiberabstimmung im Vergleich zu K701/702 in der Tenor/Bassregion, für die ein oder andere Kopfform ein komfortableres Kopflederband ähnlich dem K601, ohne die von manchen Hörern als unangenehm empfundenen Noppen und veränderte Ohrpolster. Der K712 wird bei AKG in Wien gefertigt, nicht in China...
Auf Dauer geblieben sind erwartungsgemäß T1 und K701, d.h. es gibt für mich nicht den geringsten Grund, die Pferde zu wechseln: gerade mein in die reiferen Jahre gekommener K701 aus einem ganz frühen Produktionsstadium - mittlerweile ist das vierte Ohrpolster-Ersatzpaar verbaut - ist ein für mich ganz besonderes akustisches Glanzlicht, er braucht sich auf keinen Fall (!) hinter der aktuellen und unangemessen kostspieligen Konkurrenz verstecken, ist ein außerordentlich komfortables Leichtgewicht und bleibt für meine musikalischen Forderungen zusammen mit dem T1 unerreichter und uneingeschränkter Favorit.
Entgegen den Gepflogenheiten bei vielen Mitbewerbern gibt es für AKG allem Anschein auch keinerlei Ambitionen, am Design und am akustischen Grundkonzept der K7xx-Serie signifikant irgend etwas zu ändern, und das ist auch gut so, dann lieber gleich etwas völlig Neues. 'Never change a running system', permanenter Modellwechsel bzw. fortwährendes angebliches 'upgraden' existierender Konstruktionen ist eindeutig ein Zeichen fataler Unsicherheiten und signalisiert Optimierungsbedarf...

Im Gegensatz zum OTL-Vollröhrenverstärker AUDICULA-II lässt sich der AUDICULA-Hybrid von wirkungsgradschwachen und leistungshungrigen isodynamischen Kopfhörertypen sowie von niedrigen Treiberimpedanzen wie beim 32Ohm PS1000 von Grado nicht beeindrucken, die erreichbaren Leistungsgrenzen liegen hier eindeutig beim Schallwandler und nicht bei der Antriebsquelle - mit seiner Flexibilität ist das Gerät ideal für die unterschiedlichsten Kopfhörer und Musikgenres...

PSU Audicula Hybrid
AUDICULA-HYBRID Netzteilmodul, Holzteile in Rotbuche

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